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Rechtssichere Archivierung in Exchange 2016 möglich?

Frage
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Hallo!
Ich habe versucht, bezüglich der Archivfunktionalität von Exchange 2016 mich selbst schlau zu machen, allerdings ist das mir leider nicht gelungen.
Wenn ich richtig informiert bin, kann ich mit einem Exchange 2016 Standard bei Verwendung von zusätzlich Enterprise-CALs die Archiv-Funktionalität nutzen. Dazu folgende Frage:
Kann das Archiv so konfiguriert/eingestellt werden, dass dieses den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) entspricht, gleichzeitig beweissicher ist und der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung entspricht?
Ich habe mir die Zähne ausgebissen, eine klare Antwort jedoch immer noch nicht gefunden.
Für jede Antwort, die mir etwas Klarheit verschafft, bin ich sehr dankbar.
Grüße
René
Antworten
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Hallo René,
eine rechtsichere Archivierung einzuführen und richtig umzusetzen ist schon ein größeres Projekt dem eine weitgehende Recherche und Auswahl zuvor kommen sollte. Durch meinen letzten Job innerhalb einer DMS Firma sowie jetztigen Administration der Mail Umgebung kann ich Dir folgende Info´s mit auf den Weg geben.
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Exchange an sich mit seiner Archivfunktion pro Postfach ist nicht revisionssicherda die Benutzer Ihr Archivpostfach bearbeiten und somit Inhalte löschen können.
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Eine E-Mail Archivierung sollte grundlegend dazu dienen, geschäftsrelevante E-Mails (Konversation) revisionssicher zu archivieren und unveränderbar speichern.
Wenn die Daten aus den Postfächern direkt abgegriffen werden, so gibt es im Standard einen Job der dieses Postfächer durchsucht (Laufzeit abhängig von der Größe der Umgebung) und nach bestimmten Regeln Inhalte archiviert (vorzüglich nur E-Mails).
Die Jobbasierte Lösung birgt aber die Gefahr, das in dem Zeitraum der zwischen den laufenden Jobs liegt, E-Mails generiert und gelöscht werden und somit nicht im Archiv landen.
Hier kommt das sogenannte Exchange-Journaling ins Spiel, wo jede E-Mail die über das Mailsystem läuft, als Kopie in einem Postfach landet und von dort aus archiviert wird.
Auf diese archivierten Daten sollten aber aus rechtlichen Gründen nur begrenzte Personen Zugriff erhalten wenn eine Prüfung ansteht die das erfordert.
Das zweite Hauptaugenmerk liegt in der Art und Weise der Bereitstellung von archivierten E-Daten. Eine Archivierung ist für den Exchange und somit dem RZ nur eine Entlastung, wenn die archivierten Daten aus dem Exchange gelöscht werden.
Die Option vom Ersetzen einer archivierten E-Mail durch Stubbing ist eher kontraproduktiv da keine Entlastung erfolgt. Im folgendem Link wird das Thema gut aufgezeigt.
Aufruf von archivierten E-Mails (Stubs) aus dem Filesystem oder PSt nach einer Migration zum Teil eingeschränkt weil sich Pfad oder IDs geändert haben.
Zusätzlich ergeben sich aus dem Bereitstellen von archivierten E-Mails folgende Fragen bzw. Problemstellungen.
- Wie wird eine archivierte E-Mail dem Anwender bereitgestellt
- weiteres Postfach per IMAP (Web etc.)
- Mobilgeräte (Active Sync)
- OWA nur teilweise möglich und ggf. nur noch über VPN
- Stubbing erfordert meist ein Dritttool wie VB-Skript oder ähnliches in Outlook und so auch auf dem System wo Outlook läuft
- Bezug innerhalb von E-Mails (Wiedervorlage, Kategorisierung etc.) können fehlerhaft sein wenn eine archivierte E-Mail entfernt wird
Das Online-Archiv sofern es eingesetzt wird, sollte einige Funktionen bieten.
- Volltextsuche
- Wiederherstellung als Originalmail im Postfach des Anwenders
- Export in Pst
- Anbindung Outlook bzw. Mobilgeräte
- Duplikate finden um Speicherplatz zu minimieren
Weiteres:
Aus meiner Erfahrung her sollten nur E-Mails einer Archivierung unterliegen und keine anderen Postfachinhalte wie Termine, Aufgaben etc.. denn diese Inhalte nehmen kaum Platz weg.
Des Weiterem ist die Bereitstellung solcher Elemente fehleranfällig.
Das Produkt kann eine Abhängigkeit zur Exchange Umgebung bzw. Updates erzeugen und somit die Administrativen Arbeiten einschränken.
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MfG Paul
- Bearbeitet Lexxitus Montag, 12. März 2018 12:34
- Als Antwort vorgeschlagen NobbyausHBModerator Dienstag, 13. März 2018 06:00
- Als Antwort markiert Yavor TanevMicrosoft contingent staff Montag, 26. März 2018 09:32
Alle Antworten
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Moin,
kurze Antwort: Es gibt kein GoBD-Zertifikat für Exchange. Sprich: Wenn Du nachweisen musst, dass Deine Aufbewahrung die Kriterien des GDPDU erfüllt, wirst Du das per Einzelfall machen müssen.
Im Übrigen ist es NICHT die In-Situ-Archiv-Funktion, die für Revisionssicherheit sorgt, sondern vielmehr Dinge wie Legal Hold, In-Place Hold und Journaling. Zutreffend ist jedoch Deine Feststellung, dass Du eine Enterprise CAL brauchst, um Archivierung im engeren Sinne zu betreiben.
Der Datenschutz macht das Ganze natürlich noch einmal deutlich komplexer, aber das gilt für jedes Archiv, nicht nur für Exchange ;-) Hier müssen als erstes Deine Prozesse stimmen, und erst dann die Technik, die diese Prozesse ermöglicht. Auch was Aufbewahrung angeht, gilt dasselbe - wer keine Geschäfte per E-Mail abwickelt, braucht sich über GoBD im Mail-System keine Gedanken zu machen.
Evgenij Smirnov
I work @ msg services ag, Berlin -> http://www.msg-services.de
I blog (in German) @ http://it-pro-berlin.de
my stuff in PSGallery --> https://www.powershellgallery.com/profiles/it-pro-berlin.de/
Exchange User Group, Berlin -> https://exusg.de
Windows Server User Group, Berlin -> http://www.winsvr-berlin.de
Mark Minasi Technical Forum, reloaded -> http://newforum.minasi.com
In theory, there is no difference between theory and practice. In practice, there is.
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Ergänzend zu Evgenij:
du kannst die deine Lösung durchaus abnehmen lassen, das ist aber in der Regel teurer als eine fertige Lösung.
Ich empfehle hier gerne ein Deutsches Produkt, gibt es als Appliance oder VM:
Gruß Norbert
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Herzlichen Dank für die schnellen und ausführlichen Antworten!
Ich darf eine weitere Frage nachschieben, hoffe ich. Wenn ich richtig informiert bin, müssen alle Postfächer archiviert werden, wenn ich das Archiv so einstelle, dass dieses "Beweissicher" ist. Dann werden auch alle ein- und ausgehenden E-Mails ohne Ausnahme archiviert. Ist das richtig?
Uns wurde von einem Kunden mitgeteilt, dass er ein Angebot über Exchange plus Archivierung vorliegend hat. Laut Lieferant beinhaltet Exchange bereits eine "revisionssichere" Archivfunktion, welche die eingangs genannten gesetzlichen Bestimmungen einhält. Dieser Kunde benötigt. 30 CALs – das ganze würde etwas mehr als 1.000 EUR kosten. Da blieb mir erstmals die Spucke weg, denn das liegt nicht einmal in den Einkaufsregionen. Oder gibt es was neues, wovon ich nie gehört habe? – Auch die Online-Lösung ist weitaus teurer und verursacht zudem jährlich Lizenzkosten von mehreren Tausend EUR.
Ansonsten, nur zur Info, wir verwenden bei unseren Kunden sehr erfolgreich das UMA-Archiv von Securepoint als revisionssicheres Archivierungssystem.
- Bearbeitet René - isential.de Freitag, 9. März 2018 09:41
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Hallo,
dann soll sich das dein Kunde von dem Anbieter schriftlich geben lassen, bitte mit links zu öffentlichen Quellen, oder eine rechtlich belastbare schriftliche Zu/Aussage.
Ich rate bei sowas immer das zu beauftragen, Bezahlung vorbehaltlich der notwendigen Nachweise - dann ändern sich solche Aussagen ganz schnell.
Und dann natürlich auf Erfüllung bestehen...;)
Gruß Norbert
- Bearbeitet NobbyausHBModerator Freitag, 9. März 2018 09:53
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Hallo René,
eine rechtsichere Archivierung einzuführen und richtig umzusetzen ist schon ein größeres Projekt dem eine weitgehende Recherche und Auswahl zuvor kommen sollte. Durch meinen letzten Job innerhalb einer DMS Firma sowie jetztigen Administration der Mail Umgebung kann ich Dir folgende Info´s mit auf den Weg geben.
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Exchange an sich mit seiner Archivfunktion pro Postfach ist nicht revisionssicherda die Benutzer Ihr Archivpostfach bearbeiten und somit Inhalte löschen können.
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Eine E-Mail Archivierung sollte grundlegend dazu dienen, geschäftsrelevante E-Mails (Konversation) revisionssicher zu archivieren und unveränderbar speichern.
Wenn die Daten aus den Postfächern direkt abgegriffen werden, so gibt es im Standard einen Job der dieses Postfächer durchsucht (Laufzeit abhängig von der Größe der Umgebung) und nach bestimmten Regeln Inhalte archiviert (vorzüglich nur E-Mails).
Die Jobbasierte Lösung birgt aber die Gefahr, das in dem Zeitraum der zwischen den laufenden Jobs liegt, E-Mails generiert und gelöscht werden und somit nicht im Archiv landen.
Hier kommt das sogenannte Exchange-Journaling ins Spiel, wo jede E-Mail die über das Mailsystem läuft, als Kopie in einem Postfach landet und von dort aus archiviert wird.
Auf diese archivierten Daten sollten aber aus rechtlichen Gründen nur begrenzte Personen Zugriff erhalten wenn eine Prüfung ansteht die das erfordert.
Das zweite Hauptaugenmerk liegt in der Art und Weise der Bereitstellung von archivierten E-Daten. Eine Archivierung ist für den Exchange und somit dem RZ nur eine Entlastung, wenn die archivierten Daten aus dem Exchange gelöscht werden.
Die Option vom Ersetzen einer archivierten E-Mail durch Stubbing ist eher kontraproduktiv da keine Entlastung erfolgt. Im folgendem Link wird das Thema gut aufgezeigt.
Aufruf von archivierten E-Mails (Stubs) aus dem Filesystem oder PSt nach einer Migration zum Teil eingeschränkt weil sich Pfad oder IDs geändert haben.
Zusätzlich ergeben sich aus dem Bereitstellen von archivierten E-Mails folgende Fragen bzw. Problemstellungen.
- Wie wird eine archivierte E-Mail dem Anwender bereitgestellt
- weiteres Postfach per IMAP (Web etc.)
- Mobilgeräte (Active Sync)
- OWA nur teilweise möglich und ggf. nur noch über VPN
- Stubbing erfordert meist ein Dritttool wie VB-Skript oder ähnliches in Outlook und so auch auf dem System wo Outlook läuft
- Bezug innerhalb von E-Mails (Wiedervorlage, Kategorisierung etc.) können fehlerhaft sein wenn eine archivierte E-Mail entfernt wird
Das Online-Archiv sofern es eingesetzt wird, sollte einige Funktionen bieten.
- Volltextsuche
- Wiederherstellung als Originalmail im Postfach des Anwenders
- Export in Pst
- Anbindung Outlook bzw. Mobilgeräte
- Duplikate finden um Speicherplatz zu minimieren
Weiteres:
Aus meiner Erfahrung her sollten nur E-Mails einer Archivierung unterliegen und keine anderen Postfachinhalte wie Termine, Aufgaben etc.. denn diese Inhalte nehmen kaum Platz weg.
Des Weiterem ist die Bereitstellung solcher Elemente fehleranfällig.
Das Produkt kann eine Abhängigkeit zur Exchange Umgebung bzw. Updates erzeugen und somit die Administrativen Arbeiten einschränken.
####
MfG Paul
- Bearbeitet Lexxitus Montag, 12. März 2018 12:34
- Als Antwort vorgeschlagen NobbyausHBModerator Dienstag, 13. März 2018 06:00
- Als Antwort markiert Yavor TanevMicrosoft contingent staff Montag, 26. März 2018 09:32
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Hallo Paul!
Vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort. Wir selbst, das schrieb ich bereits als Zusatzinfo, nutzen das UMA-Archiv von Securepoint. Wir binden Exchange über das Journaling ein, so dass alles archiviert wird. In anderen (wenigen) Umgebungen, die über keinen Exchange verfügen, nutzen wir hMailServer, der seine Clients über IMAP anbindet. Hier nutzen wir für die Archivierung die sog. Spiegelfunktionalität – serverseitig werden automatisch exakte Kopien (Spiegel) aller ein- und ausgehenden E-Mails erstellt und an das UMA-Archiv überstellt. In anderen Worten ähnlich wie das Journaling von Exchange.
Mir ging es um die Aussage eines Systemlieferanten, der felsenfest behauptet, Exchange enthielte bereits eine revisionssichere Archivierung nach GOBD und darüber hinaus wäre die Ablage beweissicher (also vor Gericht beweissicher). Darüber hinaus wäre das bereits für nur etwas mehr als 1.000 EUR zu haben – für 30 Postfächer!
Strange...
Grüße und Danke!
René
- Bearbeitet René - isential.de Montag, 12. März 2018 13:04